135 %-MONSTER BAUWIRTSCHAFT - EIN ABRISS.
Oder: Weniger wäre g‘sünder …
„Der Anteil der Bauwirtschaft an der nationalen Wertschöpfung beträgt 135 % des Euro-Raum-Durchschnitts.“ (OECD)
„40.000 Unternehmen, 310.000 Beschäftigte, 63 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr – die Bauwirtschaft ist eine wesentliche Stütze der heimischen Wirtschaft. Aber: Sie braucht Hilfe.“ (Solidarität, Das ÖGB-Magazin für Österreichs Arbeitswelt, Nr. 1.005/Mai 2024)
*Kursive Klammer-Ausdrücke im folgenden Text beziehen sich oft auf die Dokumenten-Namen aus diesem Text
104.000 Wohnungen (10 %) stehen leer in Wien. Andererseits: Im Donaufeld sollen 6.000 Wohnungen gebaut werden auf fruchtbarstem Bauern- und Gartenland. Wie kommt es zu solchen – gelinde gesagt: unlogischen – Entscheidungen? Wer ist Nutznießer? Einer der wichtigsten Nutznießer ist die Bauwirtschaft bzw. die Eigentümer und Manager der Baufirmen. Dazu einige spezifische österreichische Tatsachen:
135 % Monster
Der Anteil der Bauwirtschaft („construction“) an der nationalen Wertschöpfung beträgt 135 % des Euro-Raum-Durchschnitts. Das gerne zitierte Vergleichs-Land Schweiz weist 90 % auf. (OECD 2022) (Indikator Anteil)
Die 3 großen K – Korruption, Kartell, Kriminell
Korruption:
In Österreich ist es nicht erlaubt, jemandem, dessen Strafe getilgt worden ist, die Straftat vorzuwerfen. Man darf aber sagen, dass uns zumindest ein wichtiger Akteur der Bauwirtschaft bekannt ist, der im Laufe seiner Karriere nach § 307 StGB (Bestechung) verurteilt worden ist. Er wird wohl nicht der einzige sein …
Kartell:
Durch das notorische Baukartell im Straßenbau soll ein Gesamtschaden zwischen 10 und 17 Milliarden Euro im Kartellzeitraum 2002 bis 2017 entstanden sein. (20240319 Milliardenschaden) Die Bundeswettbewerbsbehörde har Bedenken gegen den Einstieg des Marktführers bei Transportbeton bei der oberösterreichischen Asamer-Gruppe geäußert. Das Vorhaben ist zur vertieften Prüfung beim Kartellgericht. (Kartell Transportbeton) Oligopol: Trotz der vielen Unternehmen besteht eine starke Markt-Konzentration (Größte Bauunternehmen). Die beiden größten Unternehmen (Strabag und Porr) haben sich in einer gemeinsamen Aktion eines unliebsamen Konkurrenten entledigt: „Nur für das internationale Projektgeschäft („Health Tech Engineering“) gibt es keine Zukunft.“ (ÖBAG zieht sich aus Vamed zurück)
Kriminell:
Im Jahre 2021 gab die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption bekannt, dass sie nach § 168b Abs 1 StGB sowie teils der Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB Ermittlungen durchführt. Die Erhebungen dauern an. (Baukartell) Pongauer Bau-Unternehmer hinterzog € 718.000 an Steuern. (Steuerschwindel Salzburg) Immo-Entwickler schädigen kleine Raiffeisen-Bank in Salzburg um € 20 Mio. (Immo-Entwickler) Millionenbetrug in der Baubranche in NÖ. (Millionenbetrug)
Schwarzarbeit
„Den größten Anteil an Schwarzarbeit gibt es im Sektor „Baugewerbe und Handwerksbetriebe“ (F. Schneider, Uni Linz)(Größter Anteil) Maßnahmen gegen Schwarzarbeit werden torpediert. (Bau-ID)(Schwarzarbeit Maßnahmen) Die Bauwirtschaft ist die einzige Branche, in der ein Verbot der Barauszahlung von Löhnen besteht. (Verbot) Die österreichische Finanzpolizei kam in nur einer Woche 377 Verfehlungen in der Baubranche auf die Schliche. (Finanzpolizeiliche Verfehlungen)
Sonstige Verfehlungen
Ganz aktuell im Donaufeld leiden die Anrainer unter Staub- und Lärmentwicklung der Baustelle für Planungsteil 1, die wahrscheinlich verwaltungsrechtlich relevant sind – wir beobachten das. Ein Mitarbeiter des Magistrats: "Die Bau-Firmen sparen bei eigenen Kosten, wo es geht." – Definitiv sparen sie Kosten der Anrainer.
Das Klima- und Umwelt-Desaster
„Das Bauwesen in Österreich verursacht mehr als 50 % des Abfallaufkommens, 30 % des stofflichen Verbrauchs und 50 % des Energieverbrauchs.“ (Umwelt & Energie, das Umwelt-Magazin des Landes NÖ). (Klima- und Umwelt-Desaster) Und trotzdem – oder vielleicht deswegen: Die Branche betreibt Dreistes Greenwashing : „Geht es noch grüner ?“ fragt eine Anzeige der Salzburger Bau-Innung, weil sie endlich Bauteilaktivierung (in Beton-Teilen!) angeht: Und das Geld für eine ganzseitige Titel-Anzeige muss man sich auch leisten können… (Dreistes Greenwashing) Der Verband der Österreichischen Beton- und Fertigteil-Werke empfiehlt BETON-Fertigteile für die Be- und Entwässerung, weil „der Klimawandel Österreichs Gemeinden vor große Aufgaben stellt.“ (Dreistes Greenwashing 2)
Wirtschaftliche Destabilisierung
Die Bauwirtschaft zieht Menschen an, die gerne mit fremdem Geld hohes Risiko eingehen: Ganz aktuell werden im Bereich der „alternativen“ (spekulativen) Geldanlage Verluste befürchtet, weil finanzielle Zusagen von Bauträgern nicht eingehalten werden können (profil 2024/20). (Destabilisierung) Gravierendere Finanzwirtschaftliche Wirkungen der Signa-Insolvenzen wurden von den beteiligten Banken bisher auf Kosten der Bürger hintangehalten: Die sogenannte Treuhand-Lösung bedeutet ein künstliches Hochhalten der Preise der Signa-Immobilien. Dass die Kreditgeber ihr Geld erst später erhalten, werden sie wohl über niedrigere Sparzinsen bzw. höhere Kredit-Kosten beim ‚kleinen Mann‘ hereinbringen. Die Bauwirtschaft ist auch gut geeignet, unrechtmäßig erworbenes Vermögen reinzuwaschen. (Ukrainer waschen Geld) Und es sei in Erinnerung gerufen, dass die Banken-Krise 2008 durch schwächliche Immobilien-Kredite hervorgerufen wurde …
Inland - Ausland
Die wichtigsten Bestandteile der Wertschöpfung sind vereinfacht gesagt die Gewinne der Unternehmen und die Löhne der Beschäftigten. Ein großer Aktionär des größten Bau-Unternehmens Österreichs, der STRABAG, ist /war der russische Staatsbürger Oleg Deripaska. Wohin hat er sich seine Dividende überweisen lassen? Der wichtige Anteils-Eigner und Geschäftsführer des Bauträgers RealOne (höchst aktiv im Donaufeld), Thomas Gabriel, hat seinen Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Etliche Auftragnehmer in der Baubranche haben ihre Sitze im Ausland. Viele Arbeitnehmer in der Baubranche überweisen große Teile ihres Lohns in das Ausland… Ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Wertschöpfung, oft aus Öffentlichen Aufträgen, geht ins Ausland.
Soziale Kosten
Die hohe Arbeitslosigkeit in der Baubranche, besonders die saisonale Winter-Arbeitslosigkeit, belasten das Sozialsystem überdurchschnittlich. „Mit 52,1 von 1.000 Beschäftigten hat der Baubereich immer noch die mit Abstand höchste Unfallrate zu beklagen.“ (Gesundheitsrisiko Bauwirtschaft)
Politische Vernetzung
Die Branche hält ihre unangemessene Bedeutung („135 %“) auch mit politischer Vernetzung aufrecht:
• Dr. Haselsteiner von der Strabag unterstützt eine Partei (NEOS) sehr stark.
• Der Unternehmens-Verbund ‚IGO Industries‘ (u.a. PORR AG, UBM Development, etc.) hat seit 2019 mit der Managerin und Eigentümerin DI Iris ORTNER den Fuß direkt im Aufsichtsrat ÖBAG, der Industrie-Beteiligungs-Holding der Republik Österreich, nach umfangreichen Spenden an die ÖVP.
Mythen
Im Sozialen Bewusstsein der Österreicher wird weiterhin an der Bildung des Mythos ‚Bauen rettet die Welt‘ gearbeitet: Vom Bau der Großglockner Hochalpenstraße und der Wiener Höhenstraße über ‚Die Männer von Kaprun‘ und das ‚Ballett der Kräne (Kranensee in der Seestadt Aspern)‘ wird die Sage vom Edlen Bauen erzählt. Doch die Schatten sieht man nicht…
Gutes Bauen - Schlechtes Bauen
Wir sprechen uns nicht gegen den Bau von Öffentlicher Infrastruktur aus (Eisenbahn-Tunnels, Schulen, Kindergärten,…) Wir haben den größten Respekt vor allen Menschen, die mit ehrlicher – und oft auch harter und gefährlicher – Arbeit in der Bauwirtschaft ihr Geld verdienen (müssen): Gerade diese Menschen sollten sich auch bewusst sein, dass sie dies im spezifischen österreichischen Fall im Dienst höchst ungesunder Strukturen tun. Etwas weniger von diesem toxischen Wirtschafts-Sektor wäre g‘sünder für die österreichische Gesellschaft. Die Rufe der Unternehmer und manchmal auch der Gewerkschaft nach zusätzlichen staatlichen (Investitions-)Mitteln für die Bauwirtschaft sollten so lange überhört werden, als kein (Selbst-)Reinigungsprozess stattgefunden hat und sie einen volkswirtschaftlichen Anteil hat, der einer modernen Ökonomie entspricht.
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